Emil Nolde hat in seinen Werken nicht nur Landschaft, Häuser und Natur seiner norddeutschen Heimat dargestellt, um einen Ausdruck der besonderen Stimmungen einzufangen, die er dort vorfand. Immer wieder porträtierte er auch die Menschen in Friesland, von seinem Gemälde "Junges Friesenmädchen" von 1913 bis zu seinem Gemälde "Friesische Kinder" von 1937. Dabei ging es ihm nicht um die Darstellung eines einzelnen Menschen, sondern um die symbolische Darstellung einer Art Ähnlichkeit, eines Widerhalls des frischen, hellen und klaren Charakters des Landes zwischen Himmel und Meer in der Physiologie der einheimischen Bevölkerung - etwas, das Nolde in analoger Weise auf seiner Südseereise erkundete.
Deutlich sichtbar wird diese Korrespondenz in dem Aquarell eines jungen friesischen Mädchens, das ganz von den drei Farben Blau, Gelb und Weiß dominiert wird. Das Mädchen wird nicht nur durch seine physiognomische Erscheinung mit den blonden Haaren und der hellen, leicht rosigen Haut als Friesin charakterisiert, sondern auch durch das kulturelle Attribut der kaum angedeuteten Tracht.
Dieses Werk ist ein herausragendes Beispiel für Noldes Beherrschung der Aquarelltechnik, denn es gibt keine Konturen, die das Profil des Gesichts oder die Büste des Mädchens definieren, sondern nur einige dunkle Punkte, die die freischwebenden Farbformen akzentuieren.