Das Uhrwerk kann als Prototyp für die Eigenschaften der Skulpturen von Günter Haese gelten: es gewinnt Energie und ermöglicht sein Weiterlaufen durch Bewegung – des Handgelenks oder eines Pendels – und bedarf des äußeren Impulses. Die dadurch ausgelöste Unruhe kommt zum Stillstand in der Ausgangsposition, wenn kein erneuter Impuls erfolgt. Haeses Skulpturen befolgen ein ähnliches Regelsystem, das auf einem parallelen oder antagonistischen Bewegungsablauf der einzelnen Teile beruht, dessen Ziel es immer ist, zur Ruhe zurückzukehren. Hier liegt der Unterschied zum Uhrwerk oder kinetischen Kunstwerk. Es sind keine Maschinen, sondern eine Art von Organismen, deren Maxime der Selbsterhalt im Kreislauf der Kräfte und Formen ist. Dabei können auch die äußeren Formen an vegetabile Zellstrukturen erinnern. In beiden Fällen – sei es die betont geometrische oder die irreguläre organische Formstruktur – bedient sich Haese der Serialität und Reihung der Elemente. So entstehen Objekte von zweckfreier Ästhetik. Die statische Labilität, die sie ausstrahlen, befindet sich dennoch in perfekter Balance, so dass eine Stabilität hart am Rande zur Fragilität entsteht. Haeses Objekte strahlen eine Poesie und Zweckfreiheit aus, die ihnen eine gewisse Rätselhaftigkeit verleiht.