Sie treten nicht nur in Picassos kubistischen Werken auf, sondern sind auch in späteren Jahren ein wiederkehrendes Motiv: Musikanten und Instrumente wie Gitarren, Violinen, Mandolinen, Klaviere oder Flöten. Letztere stellt Picasso in Verbindung mit mythologischen Figuren wie Pan, Faun und Satyrn oder als nicht näher definierte Flötenspieler dar. Als eine der schönen Künste symbolisieren die Musikinstrumente Kreativität und Lebensfreude, die Picasso in der vorliegenden Zeichnung mit Sexualität und Sinnlichkeit verbindet: Darauf sind zwei füllige, weibliche Körper in weichen, organischen Linien eingefangen - ein liegender Akt und eine rechts davorsitzende Figur, die der Schlafenden mit ihrem Flötenspiel zugewandt ist. Die offene Körperhaltung der Liegenden deutet auf Entspanntheit und Genuss hin. Die verschlungen dargestellten Körper scheinen visuell förmlich miteinander zu verschmelzen. Das Instrument, das als einziges Element mit markantem, geradem Strich skizziert wird, tritt als Phallussymbol hervor und unterstreicht den erotischen Charakter des Werks. Picasso selbst war für seine amourösen Abenteuer bekannt und unterhielt in jener Zeit neben seiner Ehe mit Olga eine Affäre mit Marie-Thérèse Walter.
Die Ausführung der Figuren spiegelt Picassos stilistische Entwicklung wider, wie sie sich seit Picassos sogenannter ‚klassizistischer‘ Periode ab den 1920er-Jahren fortführte, als er sich antiken Vorbildern und der Darstellung monumentaler Frauenfiguren widmete. Surrealistische Einflüsse führten zu weiteren radikalen Abwandlungen von Körperproportionen und Metamorphosen, bei der auch Picassos kubistisches Formenvokabular einfloss. In „Flûtiste assise et dormeuse“ sind Hände, Arme und Beine ebenso stark vereinfacht wie die Gesichter der Protagonistinnen. Die Zeichnung veranschaulicht eindrucksvoll Picassos Fähigkeit, mit wenigen, gezielten Strichen ein Sujet meisterhaft einzufangen. Neben Papierarbeiten stand 1933 vor allem die Graphik und die „Suite Vollard“ im Mittelpunkt von Picassos künstlerischem Werk.