Für Richter ist die Abstraktion ein Weg, "das Unterschiedlichste und Widersprüchlichste in größtmöglicher Freiheit lebendig und lebbar zusammenzubringen" (Benjamin H. D. Buchloh). In der Gruppe der abstrakten Arbeiten reflektiert er seit den 1980er Jahren den malerischen Prozess als ein Wechselspiel von Absicht und Zufall. Die Wahl der Farben und die Reihenfolge des Auftragens sind vom Künstler vorgegeben, die Verdichtung der Farbschichten und das Entstehen von Strukturen überlässt er jedoch dem Rakel. In diesem intensiven Schaffensprozess werden Farbelemente und Strukturen mit Pinsel, Rakel und Spachtel Schicht für Schicht aufgetragen, bereits Vorhandenes wird durch Neues überlagert, ausradiert oder durch Kratzen wieder freigelegt.
Die Spuren der Werkzeuge und Farbschichten verschmelzen oft zu Strukturen mit räumlichem oder landschaftlichem Charakter, ohne sich jedoch zu einem erkennbaren Gegenstand zu verfestigen. Manche von Richters abstrakten Gemälden durchlaufen mehr als dreißig Zustände, von denen am Ende nicht mehr als eine Andeutung übrig bleibt; und doch spielen sie im fertigen Werk eine entscheidende Rolle. Die abstrakten Bilder zeugen also einerseits deutlich von ihrem Entstehungsprozess, andererseits verbergen sie ihn aber auch.