Seit den frühen "Brücke"-Jahren war Kirchner vom Thema der menschlichen Figur fasziniert. Wie bei den meisten weiblichen Figuren, die in Kirchners Werken dieser Zeit ab 1909 auftauchen, handelt es sich bei dem Modell im vorliegenden Werk höchstwahrscheinlich um seine Lebensgefährtin Doris "Dodo" Grosse, eine Dresdner Hutmacherin, die an ihrer dunklen Frisur und den Hüten, die sie oft trug, erkennbar war.
Die Dynamik der vorliegenden Komposition ergibt sich den frei fließenden, spontanen Bleistiftlienien, die den Körper des Akts definieren und den kräftigen Farben, die ihn umgeben.
Seit den Anfängen der Brücke-Gruppe in Dresden im Jahr 1905 war es Kirchners Ziel und das seiner Künstlerkollegen Erich Heckel, Fritz Bleyl, Karl Schmidt-Rotluff und Max Pechstein, die Malerei und ihre veralteten akademischen Wurzeln in der Praxis der Akt- und Anatomiestudien durch die Schaffung einer neuen Kunst der rohen, intensiven und spontan empfundenen Erfahrung und des Ausdrucks neu zu beleben. Zu diesem Zweck versuchten Kirchner und seine Freunde, in einer Gruppe zusammenzuarbeiten, Modelle und Arbeitsräume zu teilen und die vitalsten und wesentlichsten Aspekte der menschlichen Gestalt in einer Reihe schnell ausgeführter und direkter Aktstudien zu erfassen, die so schnell wie möglich entstanden.