Anselm Kiefer hat sich in mehreren Arbeiten und in verschiedenen Techniken mit der 1948 veröffentlichten Gedichtsammlung „Amers“ des französischen Literaturnobelpreisträgers Saint-John Perse beschäftigt. Insbesondere das titelgebende Poem „Étroits sont les vaisseaux“ („Schmal sind die Schiffe“) kehrt des öfteren in Kiefers Werken wieder, so wie hier in dem zwischen 1998 und 2000 entstandenen großen Gemälde.
In gewaltigen Farbkaskaden läßt Kiefer in diesem Bild eine riesige Flutwelle auf eine Wasserfläche hereinbrechen. Aus ihrer Mitte ragt eine erratische Metallform hervor, die die Anmutung eines Schiffsbugs hat, aber in ihrer Struktur aus einzelnen Kompartimenten rätselhaft bleibt. Die Farbwogen sind von Datums- und Uhrzeitangaben, vor allem aber von Strichlisten überschrieben, die an das Abzählen von Tagen wie an der Zellenwand eines Gefängnisses erinnern. Nur bei genauer Betrachtung fällt auf, dass die Farbfluten eine große Photographie überschwemmen, deren Darstellung unkenntlich bleibt und nur an manchen Stellen in kleinsten Ausschnitten hervorblitzt.